|
|
|
Svante Malmgren Henric Nyström Orchideenvermehrung |
|
|
|
|
|
|
Dactylorhiza Gymnadenia Coeloglossum, Pseudorchis, Platanthera, Neottianthe, Nigritella Ophrys, Comperia, Serapias Orchis, Anacamptis, Neotinea, Himantoglossum Cypripedium |
Die Web-Seite will eine klare Darstellung der Methoden vermitteln, die für die Vermehrung verwendet werden. Diese können von begeisterten Anhängern, für wissenschaftliche Forschungen oder für Naturschutzprojekte genutzt werden. Dargestellt wird der „Stand der Technik“ mit seinen gegenwärtigen Möglichkeiten und Grenzen. Es wird eine Anzahl von Arten und Hybriden vorgestellt, die als geeignet für den Gaten erscheinen. Es
ist bedauerlich, dass es immer noch Menschen gibt, denen der Respekt vor der Natur
und den Gesetzen fehlt, und die wilden Orchideen ausgraben und verkaufen,
auch solche die selten und geschützt sind. Bedauerlicherweise vereinfacht das
Internet derartige illegale Aktivitäten, aber mit einiger Kenntnis dessen,
was mit verschiedenen Arten möglich ist, kann man sich den
legalen/illegalen Status der angebotenen Pflanzen vorstellen. Hoffentlich
wird der illegale Handel zurückgehen, wenn hier die Vermehrungsmethoden in
breitem Maße dargestellt werden. Ausgewählte Orchideen-Hybriden zu züchten
und anzubieten, wird den gleichen Effekt erzielen. Die Vermehrung der Orchideen erfolgt auf sterilen Nährböden. Es kann symbiotisch mit Hilfe von Pilzen erfolgen (Mykorrhiza), die dem Nährboden zum Aussaatzeitpunkt hinzugefügt werden. Heutzutage haben neue, sehr einfache Wachstumsmedien, die effektiv auch beim Fehlen der Pilzunterstützung funktionieren – die asymbiotische Vermehrung – die Verfahren so vereinfacht, dass symbiotische Vermehrung unter Hinzunahme von Pilzen vielleicht nur noch in Forschungslaboratorien angewendet werden wird. Keiner hat seit vielen Jahren versucht, tropische Orchideen mittels Mykorrhiza zu vermehren. Für die asymbiotische Vermehrung kann man die eigene Küche als Laboratorium verwenden. Ein Dampfdruck-Kochtopf ist die größte zu tätigende Investition. Ein steriles Nährmedium ersetzt die Substanzen, die sonst die Pilze den kleinen, wachsenden Embryonen in der Natur liefern. In der relevanten Literatur können lange, komplizierte Rezepturen gefunden werden, die Mineralien, Vitamine und Pflanzenhormone in exakt abgemessenen Mengen – manchmal weniger als ein Mikrogramm – erfordern. Die Anregung dazu kommt von den „konventionellen“ Mikrovermehrungstechniken, bei denen Details für das Wachstum und die Entwicklung für kleine in vitro Pflanzen sehr wichtig sind. Derartige Rezepturen sind für winterharte Orchideen kaum zu gebrauchen und für praktische Zwecke werden sehr einfache Medien mit Erfolg verwendet. Das pikante Detail der „wissenschaftlichen Meinung“ besteht in der Überzeugung, dass Orchideenvermehrung aus Samen eine exakte Wissenschaft sein muss und nichts anderes geht. Das Problem scheint anfangs kompliziert zu sein, aber die Lösung muss es nicht sein. Für
alle hier beschriebenen Arten und Hybriden kann man mit folgendem einfachen
Rezept beginnen: Stickstoffquelle: Einige
Arten wachsen auf Amino-Säure, andere auf anorganischem Stickstoff besser.
Einzelheiten werden auf den anderen Seiten angegeben. Ein
komplexer organischer Bestandteil, die wichtigste Komponente, wird hinzugefügt. Geeignete
Additive für Orchideen aus gemäßigten Klimazonen beinhalten ein kleines Stück
Kartoffel, Rübe (aus Schweden) oder Banane. Alternativ können Kokosnussmilch
oder Ananassaft verwendet werden. Manchmal gibt eine Kombination von zwei Additiven
ein besseres Resultat. Es scheint, dass diese komplexen organischen
Substanzen Pflanzenhormone und unbekannte Wachstumsfaktoren beinhalten, die
den in einer Weise zugutekommen, wie keine gut definierten Pflanzenhormone es
bewirken würden. Viele Jahre an Versuchen durch verschiedene Mitarbeiter
führten zu dieser unausweichlichen Schlussfolgerung. Die
Anwendung dieser Additive sind mehr ein pragmatischer als ein
wissenschaftlicher Ansatz für die Orchideen-Vermehrung, aber das Ergebnis
kann seine Wirksamkeit nicht infrage stellen. Tausende von kleinen
Orchideenpflanzen können produziert werden und natürlich sind Früchte oder
Gemüse billiger als Pflanzenhormone! Der pH-Wert sollte bei etwa 5,5 – 6.0 liegen, aber das ist der pH-Wert, der sich mit den angeführten Komponenten gewöhnlich einstellt, wenn das Leitungswasser typisch ist. Wenn Ananassaft verwendet wird muss, dessen pH-Wert mit NaOH oder vorzugsweise mit wässrigem Ammoniak auf etwa pH 6 eingestellt werden. Es
ist vorteilhaft, diesen pH-Wert-eingestellten Ananassaft im Vorhinein
anzusetzen. Er kann im Kühlschrank deponiert werden, wie auch die kleinen,
vorgeschnittenen Stückchen von Kartoffel und Rübe (aus Schweden). Die
Sterilisation wird im Dampf-Kocher oder Autoklaven bei 120 oC für
20 min vorgenommen. Die Aussaatgefäße können bald, nachdem sich der Agar
gesetzt hat, verwendet werden. Schon bald wird der Agar härter und es wird
schwieriger, damit zu arbeiten. Die Aussaat erfordert eine sehr spezielle Behandlung der Samen, die von der Art abhängig ist. Trotz ihrer kleinen Abmessungen von 0,1-0.2 mm, hat jeder eine dünne Samenhülle, die wasserundurchlässig ist. Diese muss chemisch aufgebrochen werden. Der Samen muss natürlich auch vor der Aussaat sterilisiert werden und glücklicherweise können beide Prozeduren zusammen erfolgen. Eine Behandlung mit NaClO (Natriumhypochlorit) Lösung sterilisiert den Samen und meistens wird auch die Samenhülle aufgebrochen. Die
Konzentration der Hypochlorit-Lösung und die Dauer der Behandlung muss der
Stärke der Samenhülle angepasst werden, die von Art zu Art unterschiedlich
ist! Geeignete Konzentrationen bewegen sich bei 0.3 bis 1%, die
Behandlungszeit 5 bis 45 min, abhängig von der Art. Zu kurze Bleichzeit ist
nicht ausreichend zur Sterilisation der Samen, zu lange wird sie abtöten. Um
die Samenhülle bei einigen Arten aufzubrechen, kann eine aufeinanderfolgende
Behandlung mit Schwefelsäure und Hypochlorit notwendig sein. Weiterhin
gibt es Arten – vor allem Cypripedium – deren Samen halbreif ausgesät
werden müssen, damit sie keimfähig sind und erfolgreich wachsen. In
derartigen Fällen wird die gesamte grüne Samenkapsel in konzentriertem NaClO
und/oder Alkohol sterilisiert und die Samen direkt aus der geöffneten
Samenkapsel auf den Nährboden gebracht. Verwendet
man die korrekte Samenbehandlung, kann bei den meisten Arten und Hybriden
eine Keimungsrate von 50 – 100 % von reifen Samen erreicht werden. Es
gibt 500-1.000 Samen in einer Kapsel von Orchis militaris,
200-500 bei Ophrys und über 4.000 bei Cypripedium flavum. Wenn Hybriden geschaffen werden, korrespondiert die notwendige Samenbehandlung zu der der Elternarten. Die Genetik ist aber nicht immer symmetrisch. Praktisch alle Arten der
Gattungen Dactylorhiza, Gymnadenia, Platanthera, Nigritella, Coeloglossum,
Ophrys, Serapias, Himantoglossum und Anacamptis pyramidalis können
asymbiotisch in großem Maßstab vermehrt werden. Verschiedene aber nicht alle Orchis-Arten
sind genauso leicht zu vermehren. Eine große Zahl von Cypripedium-Arten
und Hybriden gehen auch relativ leicht und die Probleme bei den verbleibenden
werden in Zukunft gelöst werden.
Obwohl vollständig künstlich auf sterilem Medium gewachsen, haben die kleinen Orchideen-Protokorme und Pflanzen für ein normales Wachstum Anforderungen und Erwartungen an die Wachstumstemperatur, genau wie erwachsene Pflanzen. In einigen Fällen ist eine Kühlperiode für die Keimung erforderlich, aber für noch mehr Arten ist eine Kühlperiode entsprechend dem „normalen“ Winter bei einer gewissen Protokormgröße erforderlich, mit dem Ziel, ein normales Trieb- und Wurzelwachstum „im Frühling“ zu induzieren. Einzelheiten dazu für die
verschiedenen Gattungen und Arten werden auf den anderen Seiten dieser
Web-Seite dargestellt. Bei vielen Arten ist eine Periode tieferer Temperatur nicht
erforderlich – aber zuträglich für ein weiteres Wachstum.
Es
ergibt einen großen praktischen Vorteil, wenn der „natürlichen jährlichen
Uhr“ der Arten gefolgt wird und das Auspflanzen erfolgt, wenn in der Natur
die Dormanz eintritt. Das heißt auch, dass die Aussaat zur richtigen Zeit im
Jahr erfolgt, um diesem Erfordernis Rechnung zu tragen. Mediterrane
Ophrys bilden auf dem Medium reife Knollen 7-10 (-12) Monate nach der
Aussaat. Einige mitteleuropäische Orchis –Arten
benötigen eine Kühl-Behandlung während ihrer Entwicklung und reifen nach 15
Monaten – andere brauchen gerade 8-10 Monate. Der Aussaatzeitpunkt muss der
vorhergesagten Wachstumszeit angepasst werden – oder dem, was man in den
Jahren zuvor herausgefunden hat.
Die Mykorrhiza, wenn sie bei den erwachsenen Pflanzen benötigt wird, scheint in keiner Weise den Erfolg des Auspflanzens zu beeinflussen. Anleitungen und wissenschaftliche Berichte liefern komplexe Kompostrezepte und Methoden zum Hinzufügen von Pilzen zu den Bodenmischungen, jedoch sind Mykorrhiza-Pilze reichlich in natürlichen Bodensubstraten vorhanden und solches Vorgehen ist unnötig. Die jungen Pflanzen könnten beim Auspflanzen einen natürlichen Pilz vom Substrat übernehmen, aber sie brauchen keinen. Wir nutzen generell Bodensubstrate von natürlichen Standorten, die geeignet für Orchideen erscheinen. Wir haben zwei Quellen, eine von einem Kalkstein-Gebiet und eine von neutralem Sandstein. Die
Töpfe können mit den den Gläsern entnommenen Pflanzen „überfüllt“ werden und
der Pflanzstoff kann jährlich ausgetauscht werden. Das heißt, das mediterrane
Ophrys, schwedische Nigritella und ein Jahr alte amerikanische
und chinesische Cypripedium alle in den gleichen Substraten wachsen
und wir begegneten keinen Problemen. Kürzlich wurde eine Studie von der Landwirtschafts-Universität Uppsala/Schweden vorgestellt. Die Mykorrhiza aus den Wurzeln von Nigritella nigra im Bezirk Jämtland/Schweden wurde isoliert und identifiziert. Isoliert wurde sie sowohl von „wilden“ Pflanzen als auch von künstlich vermehrten und wieder eingebürgerten Pflanzen auf ähnlichen Lokalitäten. In beiden Fällen konnten die gleichen Pilze identifiziert werden. Die Ergebnisse waren in keiner Weise überraschend, denn es gibt eine Unmenge von Pilzen unter denen die Orchideenpflanzen in geeigneten Habitaten wählen können. Es
wurde auch mit in Mehrzweck-Kompost für Zimmer-Pflanzen mit
hinzugefügtem Kuhmist ausgepflanzten Cypripedium experimentiert und
die Pflanzen wuchsen exzellent, besonders nach dem 2. Jahr im Substrat. Mythen
und oft wiederholte Dogmen ranken sich um die Eignung verschiedener Substrate
und Komposttypen. Im ersten Jahr nach dem Auspflanzen sind die Pflanzen sehr tolerant für die Bedingungen und überleben draußen im Garten gut, wenn etwas über die Eignung des Bodentyps und den Standort nachgedacht wird. Alternativ könnnte sie in einen geeigneten natürlichen Standort ausgepflanzt werden. Der Boden aus den Töpfen kann wieder verwendet werden. Die Blüte erscheint 3-5 Jahre nach der Aussaat, abhängig von der Art oder Hybride. Weitere Informationen können den jeweils beschriebenen Gattungen gefunden werden. Einige Orchis und Ophrys können sogar bereits nach zwei Jahren nach der Aussaat und ein Jahr nach dem Auspflanzen blühen. Im Garten können nur gewisse Arten wachsen. In der Natur sind viele Orchideen an spezielle Habitate gebunden und einige können generell ungeeignet für die Gartenkultur sein. Aber es gibt viele Hybriden, die leicht wachsen und vielmehr Aufmerksamkeit verdienen. Das ist nicht außergewöhnlich, Die meisten Pflanzen, die man in Gärten findet, sind ausgewählte Stämme und Hybriden und es ist die Zeit gekommen, wo sie durch winterharte Orchideen ergänzt werden können. Die Möglichkeit, solche Orchideen zu vermehren, eröffnet auch das Feld für wissenschaftliche Untersuchungen. Genetik und Systematik können von dem neuen Ansatz profitieren und Pflanzenphysiologie und Populationsstudien können die neuen Methoden anwenden. Projekte für Artenhilfsmaßnahmen und andere Naturschutzprojekte können in größerem Maßstab durchgeführt werden und Populationen von seltenen oder vom Aussterben bedrohten Arten können bewahrt und gestärkt werden. Das Interesse für diesen Ansatz scheint in Schweden und Dänemark allerdings gering zu sein, was wohl vor allem auf die Einstellung einflussreicher Professoren und Botaniker zurückzuführen ist, die die Natur nicht mehr als ihren eigenen wissenschaftlichen Spielplatz betrachten. Unter Ihresgleichen scheint es als eine größere Leistung zu gelten, das Aussterben einer Art zu melden, als alles zu tun, um dies zu verhindern! Die vorherrschende Meinung fördert nur den Schutz und die Bewahrung aber nicht die aktive Intervention. Man vergleiche dies mit den vielen Vogelschutzprogrammen, die auch Zuchtprogramme ("Vermehrung") für Adler, Falken und Uhus und dergleichen beinhalten, und denen niemand widerspricht. 99,8 % der Ornithologen sind glücklich darüber, eingeschlossen die Amateure, die weder Geld noch wissenschaftliche Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten. Vogelarten werden aktiv durch den Einsatz und das Engagement dieser Menschen erhalten.
Jedoch für Spiranthes spiralis ist es in Dänemark inzwischen zu spät und es scheint keinerlei Interesse zu geben, die letzten Pflanzen von Cypripedium calceolus zu vermehren. Gott schütze die Botaniker! Oder vielleicht auch nicht? |
|